Ich habe hier schon einiges zum ETP-Modell geschrieben. Das Modell und das was es aussagt – insb. weil es konkrete Daten bzw. Zeiträume nennt – ist sehr umstritten a) weil es nur Öl betrachtet nicht aber Energiesubstitutionen und das Finanzsystem, b) weil die thermodynamischen Berechnungen von den meisten nicht nachvollzogen werden können und c) weil es einen Kollaps der Ölindustrie – und damit unserer Gesellschaften innerhalb der nächsten 10 Jahre nahelegt (was keiner hören möchte).
So meinte auch gestern (24.10.2016) Ugo Bardi beim VDW/ASPO Workshop in Berlin, das er (mal in meinen Worten ausgedrückt so) nicht (so) viel von dem Modell und insb. den vorhergesagten Zeiträumen hält. Dies ist in sofern wichtig festzuhalten, als das Ugo Bardi’s Blog drei Gastbeiträge von Dr. Louis Arnoux zum ETP-Modell enthält – was aber nicht bedeutet, das er Inhaltlich zu den Vorhersagen bzw. Implikationen des Modells steht bzw. mit Ihnen in irgend einer Weise übereinstimmt. Im ging es bei der Veröffentlichung auf seinem Blog primär um die Diskussion dieser Ideen!
Nun aber zu einem neuen Interview mit Dr. Arnoux bei SRS Rocco Reports, welches es auch auf Youtube zu sehen gibt:
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Anmerkungen zum Video
Bis auf die letzten Minuten in denen Herr Arnoux seine ‘nGeni’ Maschine Promotet ist das Interview sehr gut. Was aber nicht angesprochen wird ist in wie weit Regierungen über Verstaatlichung von Ölkonzernen diese ggf. subventionieren werden – über andere (noch) günstige Energieträger (mit hohem EROEI) wie Kohle und Gas. Dies könnte das Ölzeitalter noch ein paar Jahre verlängern, also den Handlungsspielraum bzw. den Kollaps (wenn keine “Energiewende” irgendwohin passiert) zeitlich weiter nach hinten verschieben.
Der wichtigste fehlende Aspekt – energetische Subvention der Ölförderung
Aber auch zu diesem Aspekt – der energetischen Subvention der Ölförderung durch Kohle und Gas, was im Forum bei peak-oil.com oft als Gegenargument zu den prädiktierten Zeiträumen des ‘Kollaps’ in Bezug auf das ETP-Modell gebracht wird – gibt es Gegenargumente. Staaten wie Saudi-Arabien haben bereits eine verstaatlichte Ölwirtschaft und keine Kohle bzw. in Relation zu den Ölvorkommen keine nennenswerten Hoch-EROEI Gasvorkommen. Weiterhin basieren die Staatseinnahmen faktisch ausschließlich auf der Energie- bzw. Ölwirtschaft. Woher soll also das Geld oder die Energie kommen, welche dort die Ölproduktion energetisch subventioniert – wenn nicht aus dem Ausland über hohe Ölpreise? Aber was ist wenn es diese hohen Ölpreise nicht mehr gibt wie viele Vorhersagen? Venezuela?
Warum ich aber dennoch das ETP-Modell im Grundsatz für korrekt halte
Das industriell-politisch-gesellschaftliche Systeme bestimmte Dinge kaschieren, prolongieren oder verschieben können hinlänglich dürfte bekannt sein (u.a. die ‘Finanzkrise’ in 2008/9). Da werde Gesetze geändert, stille oder offene Subventionen gegeben oder auch Informationen unterschlagen bzw. Meinungsmache betrieben. Die physikalischen Gesetzte kann all dies nicht ändern oder aushebeln, insb. nicht bei der “Masterressource” Energie.
So schreibt auch BW Hill (vom ETP-Modell):
The knowledge that the entropy of a process increases as the process goes forward is hardly news. It is only about 150 year old information. It is extremely doubtful that we were the first to stumble across how this relates to petroleum production. It is just that we were the first to publicly discuss it. For most who were likely to have figured it out (people in the petroleum industry) it would have been far more beneficial for them to have remained dead silent.
We know that Hubbert was very aware of it 60 years ago:
“So long as oil is used as a source of energy, when
the energy cost of recovering a barrel of oil becomes
greater than the energy content of the oil, production
will cease no matter what the monetary price may
be.” (M. King Hubbert)
For anyone to believe that the petroleum industry is going to publicly announce that it is a bad idea to invest in them at this point is playing poker with a short hand. It is very unlikely that the word depletion will ever cross their lips. The world is heading towards a rapid disintegration of its economic and financial system due to a “Thermodynamic oil collapse.”
Ausblicke?
Leider sieht es nicht so aus, als ob wir dabei sind eine (energetische) Alternative zum Öl zu entdecken bzw. nutzbar zu machen, welche eine ähnliche Energiedichte und Versatilität hat. Diffuse Sonnenenergie ohne Speicher ist jedenfalls keine Alternative – dies, da die gesamte industrielle Basis die zu der Produktion von PV-Panneln und Batterien benötigt wird gerade auf den fossilen Energieträgern und ihrem hohen EROEI beruht. Kohle und Gas können uns zwar noch ein Stück weiter bringen – haben aber Auswirkungen auf das Klima und ein Problem durch ein demnächst völkerrechtlich verbindliches Paris-Abkommen (mehr in einem Folgebeitrag).
Weiterhin dürfte der Niedergang der Ölindustrie auch für die fossil abhängigen Industrien (u.a. Kfz) problematisch sein, da hier viele finanzielle Verbindlichkeiten (u.a. Kredite) bestehen, deren Ausfall sehr große Turbulenzen bedeuten dürften (u.a. Versicherungen, Pensionsfonds, Banken, etc. pp). So müssen ggf. schon bald viele dann energetische Träume ‘abgeschrieben’ werden – in Bilanzen und in den (Konsum-)Träumen.
Es bleibt spannend.