Mit diesem Eintrag habe ich meinen Gastartikel bei Peak-oil.com nun auch hier im Blog archiviert. FĂŒr die Diskussion und viele gute Kommentare bitte ich deswegen Peak-oil.com direkt zu besuchen. Nun jedoch der Artikel đ
ETP-Modell –Â Wahr? Unwahr? Brauchbar? Unbrauchbar? NĂŒtzlich?

ETP als Funktion der Zeit. (Quelle: Bernd)
Bei all der Diskussion zum ETP-Modell die ich verfolgt habe kann ich fĂŒr meinen Teil nur ausdrĂŒcken, das mir gerade die Kommentare und Diskussionen hier im Forum am meisten geholfen haben das ETP-Modell (in Bezug auf seine guten Aspekete – und insb. seine Limitationen) besser zu verstehen.
Ein Modell ist ja immer eine Vereinfachung der Wirklichkeit und gut bzw. sinnvoll, wenn es fĂŒr den Zweck fĂŒr das es geschaffen bzw. verwendet wird nĂŒtzlich ist. Das ETP-Modell selber versucht dabei ‘einfach gesagt’ ein besseres ERoEI – fĂŒr konventionelles Ăl – zu bestimmen als die ĂŒblichen ERoEI Berechnungen. Dies, in dem es die Berechnung u.a. auf thermodynamischen Ăberlegungen und dem Welt-BIP basieren lĂ€sst, anstatt den Anteil und energetischen FuĂabdruck aller möglichen Einflussfaktoren bis ins n-te Glied zu summieren.
Wichtig ist: Das ETP-Modell betrachtet nur konventionelles Ăl, nutzt hingegen andere Faktoren (u.a. Welt-BIP) die auch auf anderen EnergietrĂ€gern basieren.
Die Kernkritik an dem ETP-Modell entbrennt nun – meines VerstĂ€ndnisses bzw. GefĂŒhls nach – deswegen, weil die ‘The Hills Group’ auf Basis ihres Modells verschiedene Kurven plottet und veröffentlicht hat, bei denen Sie maximale Preise fĂŒr Ăl in Bezug auf die gesamte Weltwirtschaft und konkrete Zeitpunkte in der Zukunft ‘vorhersagen’ und diese Zeitpunkte bzw. Entwicklung auch öffentlich argumentieren (u.a. Benutzername ‘shortonoil’ bei Peakoil.com).
Meint: Aufgrund eines limitierten Modells fĂŒr eine einzelne energetische Ressource werden konkrete Vorhersagen getroffen die sich auf die Entwicklung der ganzen Welt beziehen (u.a. ölproduzierender Sektor, Wirtschaft, etc. pp).
Insofern haben wir es jetzt mit verschiedenen Dingen zu tun. U.a.:
- Einem Modell fĂŒr eine einzelne energetische Ressource.
- Vorhersagen in Bezug auf das mittlere ERoEI dieser Ressource in Bezug auf das Gesamtsystem – also auch unter indirektem Einbezug anderer EnergietrĂ€ger, welche in die Förderung dieser Ressource eingehen.
- Ableitungen was dies fĂŒr die (maximalen) Preise dieser einzelnen Ressource in der (nahen) Zukunft bedeutet – wieder unter indirekten Einbezug des Gesamtsystems.
- Vorhersagen was das fĂŒr die Entwicklung in der Welt (insb. Wirtschaft, Finanzsystem) bedeutet, inkl. einem Zeitrahmen – auf Basis von Annahmen die nichts mehr mit dem eigentlichen Modell zu tun haben.
Nun ist die (wichtige) offene Frage – zumindest fĂŒr mich: Wie groĂ ist der Einfluss der anderen EnergietrĂ€ger auf die Förderung von Ăl? Ist es einfach der (globale) Energiemix – oder ist der Anteil von Ăl (und seinen Derivaten) fĂŒr die Förderung von Ăl gröĂer als der Energiemix? Und: Was hat das fĂŒr Auswirkungen auf die PrognosefĂ€higkeit des ETP-Modells.
“The Good, the Bad, the Ugly” (Anm. Film)
Anfangs hatte ich ja schon geschrieben das eine Modell eine Vereinfachung ist. Und das ein Modell solange gut ist, wie es nĂŒtzlich ist. Und das sich die NĂŒtzlichkeit auf einen bestimmten Zweck bezieht. Was (nicht nur) mir nun beim ETP-Modell aufstöĂt ist, dass das reine thermodynamische Modell (1.) ja noch richtig sein kann, aber schon die Preisvorhersagen (2.) kranken – weil Sie sich auf ein Gesamtsystem beziehen, das auch die (konventionelle) Ălförderung energetisch (durch höhere ERoEI) subventioniert (u.a. durch Kohle und Gas, welche deutlich bessere Erntefaktoren haben).
Kommentator Hendrik Altman merkte im letzten Kommentarbaum an:
“Das der Punkt warum die Systemprognosen der Hills Group zeitlich falsch liegen, die Annahme das Ăl die energetische Basis unseres Wirtschaftssystem ist, was es ganz klar nicht ist weil niedriger Erntefaktor, schlechtes NettoenergieverhĂ€ltnis, hoher Förderaufwand (hohe Reibung, Entropie) Ăl wird schon seit vielen Jahren stark von Kohle und Gas subventioniert, ohne dies Subventionen wĂ€re die heutige Ălförderung nicht einmal im Ansatz möglich.”
Das wĂŒrde dann bedeuten, das ein (weiterer) Abfall des ERoEI von Ăl eine eher untergeordnete (?) Relevanz in Bezug auf seinen Status als Nettoenergie-Lieferant hĂ€tte. Herr Altman schreibt auch:
“Wir fördern heute Ăl nicht mehr wegen des NettoenergieverhĂ€ltnis, sondern weil Ăl fĂŒr die MobilitĂ€t wichtig ist im Hinblick auf Energiedichte und den chemischen Eigenschaften die Treibstoff aus Ăl Produkten hervoragend fĂŒr das Betreiben von Motoren macht.”
An diesem Punkt ist – zumindest fĂŒr mich – begreifbar, das die konkreten FolgeschlĂŒsse (2.), (3.) und (4.), welche die ‘The Hills Group’ bezĂŒglich der Zeitpunkte des energetischen Niedergangs und der Folgen macht – sehr kritisch zu hinterfragen sind und in Ihrer aktuellen Form keine fundierte Basis haben.
Wie Herr Altmann, Bernd und andere nehmen ich an, das das ETP-Model an sich ein interessanter, guter und nĂŒtzlicher Ansatz ist und insb. das schlechte NettoenergieverhĂ€ltnis von Ăl aufdeckt. Um auf Basis dieses (eingeschrĂ€nkten) Modells hingegen (zeitlich recht konkrete) Aussagen ĂŒber (2.), (3.) und (4.) zu treffen mĂŒssten zumindest Kohle und Gas in das Modell integriert werden. Das heiĂt dann aber auch, dass das ETP-Modell fĂŒr einen Teil seines Zwecks (u.a. Vorhersage des Ălpreises in der Zukunft) danebenliegen dĂŒrfte.
Nun wird es aber noch einmal spannend. Herr Altmann schreibt:
“Das die EnergietrĂ€ger mit dem höchsten Erntefaktor die EnergietrĂ€ger mit dem niedrigsten Erntefaktor tragen sollte Grundwissen fĂŒr unsere Diskussionen sein…”
wobei dann Bernd anmerkt:
“Bis vor kurzem glaubte ich auch, dass Ălförderung mit einem Energiemix erfolgt, der etwa ein Drittel Ăl beinhaltet. Aber wenn ich folgende Zahlen berĂŒcksichtige: Ăl erfordert heute etwa 55% seines Energieinhalts zur Förderung. Die Prozesse in Raffinerien benötigen etwa 27 %. Die wichtigsten restlichen Prozesse sind Transport und Extraktion, die beide auch hauptsĂ€chlich auf Ăl basieren. Ich schĂ€tze, dass die restlichen Prozesse zu 50 % auf Ăl basieren. Damit werden nicht ein Drittel, sondern etwa drei viertel der fĂŒr Ălförderung eingesetzten Energie aus Ăl gewonnen. Ein paar Prozent sind vielleicht aus Gas.”
Die Wahrheit liegt ggf. irgendwo dazwischen. Welche das genau ist – das ist die spannende Frage. Es ist fĂŒr mich nachvollziehbar, das die Ălförderung implizit (und systemisch bedingt) von EnergietrĂ€gern mit höherem ERoEI unterstĂŒtzt wird und das ETP-Modell in der aktuellen Form in seiner zeitlichen VorhersagekapazitĂ€t fĂŒr die Ălpreisentwicklungen Fehlannahmen macht. Die groĂe (1000$) Frage ist aber wie viel diese energetische Subvention in der RealitĂ€t ausmacht.
Die Kritik am ETP-Modell bei peakoil.com, peakoilbarrel.com sowie Bardi & Co.
Was ich ĂŒber das reine Modell hinaus spannend finde ist die Dynamik mit der die Diskussion ĂŒber das Modell – auĂerhalb von peak-oil.com – stattfindet. Bei peakoil.com [2], wo auch ‘shortonoil’ – einer der Autoren des ETP-Modells – kommentiert vermisse ich selber, bis auf ganz wenige BeitrĂ€ge, eine konstruktive Diskussion. FĂŒr mich sind dort weder die meisten der kritischen BeitrĂ€ge, noch viele der BeitrĂ€ge von ‘shortonoil’ hilfreich – entweder wird verteidigt, angegriffen oder schlichtweg ignoriert.
Im Peakoil Kommentarbaum bei Wallstreet-Online [3] mit nun ca. 1370 Seiten findet sich auch ein sehr groĂes Pro/Contra zum ETP-Modell das deutlich hilfreicher fĂŒr mich war. Aber auch dort war die Diskussion energetische Subventionierung der Ălförderung durch den globalen Energiemix untergeordnet.
Im letzten Kommentarbaum hatten Bernd und ich versucht zu deuten, was einen Ugo Bardi motiviert sich nun kritisch zum ETP-Modell zu positionieren, ohne dieses inhaltlich selber konkret auszufĂŒhren. Bardi verwies nur auf andere BeitrĂ€ge und beklagte einen (zunehmenden) Katastrophismus – hatte vor einigen Monaten hingegen sehr viel Platz in seinem Blog in Bezug auf das ETP-Modell eingerĂ€umt. Und die damaligen drei (Gast-)Artikel waren inhaltlich deutlich stĂ€rker als die aktuellen (Gast-)Artikel bei oder direkt von Bardi.
Spannend ist auch zu beobachten, das die neuen Kritiken am ETP-Modell sich primĂ€r auf irgendwelche Formeln, Vorzeichen und Annahmen im Modell selber beziehen (Anm.: die ich noch nie nachvollziehen konnte) – nicht aber darauf, das die Schlussfolgerungen aufgrund der energetischen Subvention durch Kohle und Gas so wie Sie dargestellt werden nicht stimmen können. Eine GroĂbaustelle ist ja auch das Welt-BIP das fĂŒr die Berechnung des ‘maximalen Ălpreises’ (je Zeitpunkt) herangezogen wird, was ja wie weiter oben schon ausgefĂŒhrt stark auf Kohle und Gas basiert.
FĂ€llt letzteres nur den Kommentatoren hier bei Peak.oil.com auf?
FĂŒr mich hat die Diskussion und teils pauschale Kritik (auĂerhalb von Peak-oil.com) oft eher den Anschein das es um Glaubenssysteme und verinnerlichte Ăberzeugungen geht – nicht aber darum die Weiterentwicklung des ETP-Modells und/oder die Wahrheitsfindung voranzubringen. Und da ist fĂŒr mich (mit meiner Wahrnehmung der Dinge) keine ‘Seite’ (insofern es diese gibt) besser – auĂer natĂŒrlich hier, bei Peak-oil.com đ
Abschluss
SchlieĂen möchte ich ebenfalls mit einem Kommentar von Herrn Altmann:
“… wenn die Hills Group komplexe Systemprognosen erstellt die nur auf dem Modell von Ăl allein stehen, sollte ein jeder von euch skeptisch werden – unser System funktioniert nicht auf Basis von Ăl, das ist schlicht nicht richtig. NatĂŒrlich ist der Rohstoff Ăl wichtig fĂŒr unser Wirtschaftssystem, aber die Voraussagen der Hillsgroup basieren auf den mathematisch/physikalischen Ergebnissen nur von Ăl – andere EnergietrĂ€ger wurden komplett ignoriert in den Systemvoraussagen, macht euch das nicht irgendwie stutzig oder nachdenklich?”
Das das die Ăberlegungen auf denen das ETP-Modell aufbaut grundsĂ€tzlich in die richtige Richtung zeigen steht fĂŒr mich aktuell auĂer Frage. Dies u.a., da die ERoEI der fossilen EnergietrĂ€ger allesamt am sinken sind (Best-First Prinzip) und kein adĂ€quater Ersatz in Aussicht ist. Die Fragen des zeitlichen Eintrittspunktes von (deutlichen) Verschlechterungen aufgrund eines zu geringen Gesamt-ERoEI bzw. dem (nettoenergetischen) Ausfall eines einzelnen EnergietrĂ€gers (Ăl) und der dann einsetzenden Dynamik, etc. sind hingegen offen. GrundsĂ€tzlich – und da waren sich fast alle Kommentatoren hier im Blog, inkl. Herrn Altman, einig – schreiten wir in die Problematik, welche das ETP-Modell im Prinzip beschreibt.
So frage ich mich, warum genau diesen Punkt keiner der (weiter oben genannten) Kritiker, u.a. auch vom Schlage Ugo Bardi, aufgegriffen bzw. formuliert hat? Und wer ist eigentlich diese ‘The Hills Group’ wirklich? – warum haben die die von Herrn Altman vorgebrachte Kritik nicht auf dem Schirm bzw. gehen nicht darauf ein?
So hoffe ich, das es hier mit konstruktiven Diskussion weiter geht und ich dem Beitrag aller aktiven Kommentatoren mit diesem ‘Zwischenartikel’ gerecht geworden bin.
Links
- [1] Google-Suche zur ETP-Modell Studie der THG
- [2] Peak-Oil Thread bei Wallstreet-Online
- [3] ETP-Modell Thread (Teil 9) bei peakoil.com
- [4] Eine groĂe Linksammlung zum ETP-Modell